Die instationäre
Flammenausbreitung in turbulenten Strömungen vorgemischter
Gase wird durch zwei Einflüsse wesentlich bestimmt: Zum einen hängt die
turbulente Flammenausbreitungsgeschwindigkeit von den charakteristischen
turbulenten Größen ab. Zum anderen existiert bei instationären
Verbrennungsvorgängen eine Wechselwirkung zwischen Flammenausbreitung und
Turbulenz: Man hat beobachtet, dass sich eine turbulente Flamme, deren
Flammenausbreitungsgeschwindigkeit zunächst von den anfänglich aufgeprägten
turbulenten Schwankungen abhängt, im weiteren Verlauf selbst beschleunigt.
Dieses Phänomen wurde sowohl bei isochorer als auch
bei isobarer turbulenter Flammenausbreitung
beobachtet, konnte aber bis heute nicht befriedigend erklärt bzw. theoretisch
erfasst werden.
Für die Abhängigkeit der turbulenten
Flammenausbreitungsgeschwindigkeit ST
von der Turbulenzintensität verwendet man häufig Korrelationen in der Form

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(1)
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Solche Korrelationen erfassen jedoch wesentliche
Einflussgrößen nicht. Geht man z.B. von brennstoffarmen bzw. brennstoffreichen
Gemischen mit der gleichen laminaren Flammengeschwindigkeit SL aus, ergibt
sich ein von der Gemischzusammensetzung und vom Brennstoff abhängiges n. Bei Methan z.B.
findet man für brennstoffreiche Gemische größere Exponenten n als für brennstoffarme
Gemische. Bei Propan findet man den umgekehrten Zusammenhang für die
turbulenten Flammenausbreitungsgeschwindigkeiten. Offensichtlich spielen bei
der turbulenten Flammenausbreitung Effekte der bevorzugten Diffusion bzw.
Lewis-Zahl-Effekte eine wichtige Rolle. Korrelationen für die turbulente
Flammenausbreitungsgeschwindigkeit der oben angegebenen Art erfassen weiterhin
nicht den Einfluss der Flammenstreckung und Flammenkrümmung auf die laminare
Flammengeschwindigkeit. Auch hierfür werden verbesserte Korrelationen benötigt.
Leider ist eine getrennte Variation der maßgeblichen Parameter im Experiment
nicht möglich bzw. stehen diese Daten aus dem Experiment nur als gemittelte
Größen zur Verfügung. Im vorliegenden Teilprojekt soll daher die instationäre, isobare, turbulente Flammenausbreitung anhand von Direkten
Numerischen Simulationen (DNS) untersucht werden. Experimentelle Daten zur Validierung der Simulationsmethode stehen aus den
Teilprojekten A9 und B2 zur Verfügung. Durch die DNS können einzelne Mechanismen
in ihrer Wirkung genauer analysiert werden als dies im Experiment möglich ist.
Hierdurch sollen die experimentell ermittelten Einflüsse der bevorzugten
Diffusion, der Flammenstreckung und der Krümmung in die Modellierung
eingebracht werden und darüber hinaus weitere Erkenntnisse zur flammenerzeugten Turbulenz geliefert werden. Vorrangiges
Ziel ist die Erstellung möglichst allgemeingültiger Modellgleichungen für die
turbulente Flammengeschwindigkeit. In Teilprojekt A9 wurden beispielsweise auf
experimenteller Grundlage Flammengeschwindigkeitsbeziehungen entwickelt, die
über (1) hinausgehen und insbesondere Lewis-Zahl-Effekte berücksichtigen. Diese
Beziehungen sollen mit Hilfe der DNS Daten modifiziert und erweitert werden.
Beispielsweise soll nicht die planare laminare
Brenngeschwindigkeit
SL
sondern
die auf Grund von Streckung und Stauchung geänderte laminare
Brenngeschwindigkeit herangezogen werden. Zu diesem Zweck werden aus
DNS-Rechnungen, die unter Verwendung detaillierter Chemie durchgeführt werden,
Bibliotheken erstellt, welche die Brenngeschwindigkeit als Funktion der lokalen
Streckung/Stauchung wiedergeben. Bei dieser Vorgehensweise sind die Einflüsse
der bevorzugten Diffusion inhärent mit berücksichtigt. Ein zweites Ziel ist der
Einsatz der Flammengeschwindigkeitsbeziehung als Feinstrukturmodell innerhalb einer Large Eddy Simulation (LES) für Vormischflammen ab.
Die modellierte turbulente Flammenausbreitungsgeschwindigkeit enthält ein
turbulentes Zeitmaß tT. In der
existierenden Modellierung auf RANS oder URANS-Ebene
wird hier das Makro-Zeitmaß der Turbulenz insgesamt verwendet. Ersetzt man dies
durch ein Zeitmaß, das nur die in einer LES nicht aufgelöste Turbulenz
repräsentiert, ergibt sich ein LES-Feinstrukturmodell.
Diese Modellierung soll durch A-priori-Tests auf der
Basis der DNS Daten entwickelt und mit Hilfe einzelner LES derselben
Konfiguration getestet werden. Die sehr rechenzeitintensiven DNS-Rechnungen
sollen auf dem Landeshöchstleistungsrechner durchgeführt werden, der zurzeit am
Karlsruher Rechenzentrum installiert wird. Das vorliegende Projekt ist darauf
angelegt, diesen Standortvorteil für den SFB zu nutzen, um aktuelle,
international konkurrenzfähige Simulationen durchzuführen. Die Untersuchungen
sind inhaltlich aufs engste mit dem Teilprojekt A9 verknüpft. Sowohl die
Vermessung des Geschwindigkeitsfeldes als auch die Erfassung der
Flammenstruktur werden zur Beurteilung und Bewertung der Rechenergebnisse
herangezogen. Darüber hinaus ist das Problem der instationären
Flammenausbreitung vorgemischter, magerer,
turbulenter Flammen ein tragendes Thema des Sonderforschungsbereichs 606.
Dieses Projekt liefert weiterhin Verbrennungsmodelle für alle Projekte, die
sich mit der LES vorgemischter Verbrennung
beschäftigen.