Sprühstrahl / Wand Interaktion bei
instationärer Gasphase
Schwerpunkt des hier beantragten Sonderforschungsbereiches
ist die Weiterentwicklung effizienter und schadstoffarmer Verbrennungskonzepte
für Gasturbinen und Verbrennungsmotoren. Die Verbrennung in Verbrennungsmotoren
und Gasturbinen wird unter anderem von starken zyklischen und stochastischen
Variationen der Gasgeschwindigkeit und Gemischinhomogenitäten bzw.
Brennkammerschwingungen beeinflusst. Diese Instationaritäten üben auch auf die
Interaktion von Tropfen bzw. Sprühstrahlen mit begrenzenden Wänden einen
entscheidenden Einfluss aus. Dieser wird zusätzlich verstärkt durch die bei
modernen Zerstäubungssystemen aus Gründen der Schadstoffreduktion stark
reduzierte Tropfengröße.
Für relativ große Tropfen und stationäre Strömungsbedingungen
wurden die Phänomene der Tropfen-Wand- bzw. Sprühstrahl-Wand-Interaktion am ITS
und anderen Forschungsstellen bereits eingehend untersucht. Mit Hilfe von
Einzeltropfenversuchen konnten bereits Korrelationen gefunden werden, die einen
Zusammenhang zwischen den Eigenschaften der auftreffenden und der abfliegenden
Tropfen herstellen. Auch der Einfluss erhöhter Wand- und Umgebungstemperaturen
wurde dabei berücksichtigt. Eine Vielzahl von Untersuchungen beschäftigte sich
mit der Interaktion von Sprühstrahlen mit Wänden unter realistischen
Bedingungen, ohne allerdings den Einfluss einer instationären Gasphase zu
berücksichtigen. Auch können allein durch die Untersuchung von dichten,
polydispersen Sprays nur globale Informationen gewonnen werden, die für das
physikalische Verständnis der Vorgänge und eine systematische Entwicklung von
Modellen für die numerische Simulation als unzureichend erachtet werden.
Das Ziel dieses Projektes ist daher, die Wechselwirkungen
zwischen kleinen Tropfen und Wänden mit und ohne Flüssigkeitsfilm mit Hilfe
experimenteller Methoden zu analysieren und zur Erarbeitung geeigneter
numerischer Modelle zur Verfügung zu stellen. Kleine Tropfen (<50mm), wie
sie sowohl für die Benzin-Direkteinspritzung als auch für moderne Gasturbinen-
Brennkammern von großer Bedeutung sind, erfordern allerdings eine neue
Definition der Wandinteraktion. Bei diesen sehr kleinen und leichten Tropfen
dominieren die Widerstandskräfte gegenüber den Trägheitskräften, weshalb
jeglicher Einfluss der Wand auf die Gasphase bei der Betrachtung des Phänomens
Tropfen-Wand-Interaktion berücksichtigt werden muss. So kann sich der
Wandeinfluss einerseits durch die Wandgrenzschicht, die wiederum von
periodischen Störungen und vom Turbulenzgrad der Strömung stark beeinflusst
wird, bemerkbar machen. Andererseits bestimmt auch die von einem dichten
Sprühstrahl induzierte und von der Wand beeinflusste Luftströmung die
Tropfenbahn. Eine Interaktion von Tropfen mit der Wand kann also auch indirekt
stattfinden, ohne dass die Tropfen mit der Wand in direkten Kontakt treten.
Um einen möglichst großen Gültigkeitsbereich der
Korrelationen und Modelle für die verschiedenen Anwendungen zu erhalten, sind
neben Veränderungen der Strömungsbedingungen in der Gasphase hauptsächlich
Variationen des Auftreffimpulses und des Auftreffwinkels, der
Oberflächenspannung der Flüssigkeit, sowie der Wandtemperatur und der Gasdichte
notwendig. Für eine definierte Einstellung der Auftreffbedingungen sind
zunächst Versuche mit monodispersen Tropfen bzw. Tropfenkollektiven
erforderlich. Die Übertragbarkeit der daraus gewonnenen Erkenntnisse,
Korrelationen und Modelle auf reale Sprühstrahlen sollen durch komplexe
Experimente mit originalen Kraftstoffsprays überprüft werden. Gegebenenfalls
müssen die Modelle aufgrund der Ergebnisse dieser Experimente systematisch
erweitert werden.
Zur Erfassung der Phänomene werden optische bzw.
laseroptische Mess- und Visualisierungsverfahren eingesetzt. Von entscheidender
Bedeutung ist die Darstellung der Tropfentrajektorien bzw. der
Strahlausbreitung. Um die hochgradig transienten Phänomene der Tropfen-Wand-
Interaktion unter dem Einfluss einer instationären Gasphase erfassen zu können,
müssen zeitlich und räumlich hochauflösende Messverfahren eingesetzt werden.
Die jüngste Entwicklung einer digitalen High-Speed (HS) Kamera in Kombination
mit einem ebenfalls neu entwickelten Diodengepumpten-YAG-Laser stellt das
ideale System zur Bewältigung dieser Messaufgabe dar. Mit Hilfe geeigneter
Auswertealgorithmen (Partikel Image/Tracking Velocimetry PIV/PTV) können über
die qualitative Visualisierung hinaus quantitative
Geschwindigkeitsinformationen gewonnen werden.
Für die Untersuchungen sind an beiden Forschungsstellen
bereits Basisversuchsträger vorhanden. Während sich die Druckkammer des
Instituts für Thermische Strömungsmaschinen durch seine ideale optische
Zugänglichkeit auszeichnet, ist das Einhubtriebwerk des Instituts für
Kolbenmaschinen hauptsächlich für Druck-, Temperatur- und
Zylinderinnenströmungsvariationen geeignet. Durch die Kombination dieser
Versuchseinrichtungen können oben beschriebene Parameter umfassend untersucht
werden.
Mit Hilfe der so gewonnen Messdaten können Korrelationen und
Modelle aufgestellt werden, die ein verbessertes physikalisches Verständnis der
komplexen Vorgänge ermöglichen und gleichzeitig die Entwicklung dem Ziel einer
zuverlässigen numerischen Simulation der instationären Gemischbildungs- und
Verbrennungsvorgängen in modernen Verbrennungskraftmaschinen einen
entscheidenden Schritt näher bringen. Damit kann ein entscheidender Beitrag zur
Verbesserung des Wirkungsgrads bei gleichzeitiger Senkung der Emission
toxischer Verbrennungsprodukte in Verbrennungskraftmaschinen geleistet werden.
Das Teilprojekt B4 ist eines von vier Teilprojekten innerhalb
des Clusters „Transportvorgänge in Wandnähe“. Dementsprechend bestehen enge
inhaltliche Verzahnungen zu den Teilprojekten B3 und A8. Für das Teilprojekt B3
werden Messdaten zur Validierung der Modelle geliefert. Im Teilprojekt wird der
Wärmeübergang bei instationärer Strömung untersucht, der einen wesentlichen
Einfluss auf die Tropfen-Wand-Interaktion hat.