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Ziele und Aufgabenstellung des Sonderforschungsbereichs

Die Gemischbildung und Verbrennung in (direkteinspritzenden) Verbrennungsmotoren erfolgt grundsätzlich instationär und die Verbrennungsprozesse in Gasturbinen und technischen Verbrennungseinrichtungen werden vielfach durch instationäre Phänomene bestimmt. Instationäre Phänomene sind auch Ursache wesentlicher technischer Probleme für fortschrittliche Verbrennungskonzepte. Die kurz- und mittelfristige Vision dieses Sonderforschungsbereichs ist die Erarbeitung des Verständnisses von instationären Phänomenen bei der technischen Verbrennung, so dass zukunftssicheren, fortschrittlichen Verbrennungskonzepten zum technischen Durchbruch verholfen werden kann. Hierbei sollen auch Modelle, die in die Entwicklungswerkzeuge für technische Verbrennungseinrichtungen eingehen, physikalisch abgesichert werden. Aufbauend auf der Entwicklung moderner optischer Diagnoseverfahren und numerischer Methoden der letzten Jahre sollen hierbei Fragestellungen aufgegriffen werden, die bislang nicht in dieser Weise angegangen werden konnten.  Die längerfristige Vision ist die Entwicklung eines grundlegenden Verständnisses von Verbrennung, chemischen Reaktionen, Stoff- und Wärmeübertragung sowie deren Kopplung  in instationären Geschwindigkeits-, Temperatur-  und Druckfeldern in ein- oder mehrphasigen Strömungen.

Fragestellungen, an denen sich die Ziele des Sonderforschungsbereichs orientieren, sind im Folgenden aufgeführt:

  • Für die Gemischbildung und Verbrennung in Verbrennungsmotoren mit Direkteinspritzung ist das transiente Verhalten des Einspritzstrahls wesentlich. Bedingt durch die Kraftstoffumsetzung werden im allgemeinen Druckwellen induziert, die die Verdampfung und Zündung des Kraftstoffs  beeinflussen.
  • Der Wärmeübergang auf die Brennraumwände und Kolben  in Verbrennungsmotoren beeinflusst wesentlich den Wirkungsgrad und stellt gleichzeitig ein Maß der Strukturbelastung dar. Für die homogene Verbrennung gibt es umfangreiche Untersuchungen zur Bestimmung des Wärmeübergangs mit  meist empirischen Ansätzen zur Beschreibung dieses Prozesses. Für genauere Aussagen muss die Wechselwirkung zwischen instationärer Strömung, instationärer Flamme und   Wand näher analysiert werden,  insbesondere im Hinblick auf zukünftig zum Einsatz kommende motorische Brennverfahren wie die Benzin- Direkteinspritzung.
  • Moderne Gasturbinenbrennkammern werden mit Luftü berschuss in der Reaktionszone betrieben, was zur Senkung der NOx-Emissionen, aber auch zu Verbrennung-sinstabilitäten führt. Durch Teilverlöschen der Flamme und deren Wiederzünden können Pulsationen angeregt werden, die die Struktur des Brennkammergehäuses belasten, den Wärmeübergang an heißgasführenden Bauteilen beeinflussen und die Emission von Kohlenmonoxid und unverbrannten Kohlenwasserstoffen erhöhen. Zum Verstä ndnis dieses Phänomens muss die Interaktion der Grenzschicht mit der pulsierenden Hauptströmung in der Brennkammer einbezogen werden.
  • Die Stabilisierung der Flamme in modernen Gasturbinenbrennkammern oder technischen Brennkammern erfolgt oftmals durch Drallströmungen und/oder Pilot-Flammen. Neuere Untersuchungen zeigen, dass gerade in solchen Konfigurationen instationäre Wirbel und die dadurch bedingten Turbulenzstrukturen die Mechanismen sind, die zur Anregung von Verbrennungsoszillationen führen.
  • Beim Einsatz flüssiger Brennstoffe erfolgt die Gemischaufbereitung in Brennkammern von Gasturbinen gewöhnlich durch Verdampfung von Tropfen, die in vielen Fällen aus dem Zerfall schubspannungsgetriebener Kraftstofffilme erzeugt werden. Die Eigenschaften des Kraftstofffilms kurz vor dem Zerfall sind entscheidend für das Zerstäubungsergebnis, so dass der Einfluss der Hauptströmung auf die Filmausbreitung, Erwärmung und Verdampfung von grundlegender Bedeutung für die Gemischaufbereitung ist. Es gilt als sicher, dass die Filmdynamik durch die Interaktion mit einer instationären, pulsierenden Hauptströmung nachhaltig verändert wird, wodurch der Wärmetransport im Film und der Wärmeübergang zur Wand und an die Gasströmung entscheidend beeinflusst werden. Beide Vorgänge sind bisher weder detailliert untersucht noch grundlegend verstanden.
  • Die chemischen Reaktionen bei der Verbrennung von Kohlenwasserstoffen - insbesondere diejenigen, die zur Bildung von Schadstoffen führen- sind im allgemeinen temperatur- und druckabhängig und/oder Viel-Kanal-Reaktionen. Dies bedeutet, dass bei instationären Temperatur- und Druckänderungen während der Verbrennung sich bei den chemischen Reaktionen  sowohl die Reaktionsgeschwindigkeiten  verändern  als auch unterschiedliche Produktkanäle ergeben. Dies hat Einfluss auf Zünden und Löschen sowie  besonders auf die Ruß- und NOx-Bildung.
  • Das Zusammenwirken zwischen turbulenten Schwankungen der Strömungsgeschwindigkeit und  chemischen Reaktionen im Bereich brennstoffarmer Gemischzusammensetzung (besonders bei niedrigen turbulenten Damköhlerzahlen) ist bisher weitgehend ungeklärt. Die Kenntnis des  Zusammenhangs, wie turbulente Schwankungen und die damit verbundene Streckung von Volumenelementen die momentane Flammengeschwindigkeit beeinflussen und damit zum Verlöschen und Wiederzünden der Flamme führen, ist zur Analyse der Stabilität der Verbrennung eine Voraussetzung.
  • Die Interaktion von Turbulenz und chemischer Reaktion spielt auch eine entscheidende Rolle hinsichtlich des Flammenrückschlags, der Zündung sowie der Flammenausbreitung, wie sie in Vormischzonen in Brennkammern von Gasturbinen beobachtet werden. Die Vormischzone dient dazu, den Flüssigbrennstoff zu verdampfen und mit der Verbrennungsluft vorzumischen. Bisherige Untersuchungen zeigen, dass Pulsationen das Rü ckschlagen der Flamme induzieren können.
  • Sich selbst erregende bzw. erhaltende Brennkammerschwingungen, die in technischen Gasturbinenbrennkammern oder Verbrennungseinrichtungen beobachtet werden, können die Leistung solcher Apparate begrenzen oder im schlimmsten Fall zum Totalausfall führen. Der damit verbundene wirtschaftliche Schaden ist von beträchtlicher Höhe.

Die Ideen und Aufgabenstellungen für die Einzelvorhaben dieses Sonderforschungsbereichs orientieren sich grundsätzlich an den oben skizzierten Fragestellungen und greifen damit wichtige Phänomene oder Probleme von modernen und zukunftsweisenden technologischen Entwicklungen in der technischen Verbrennung auf.  Die oben andiskutierten Fragestellungen lassen sich zu den Themenfeldern  „Chemische Reaktionen in instationären Mischungs- und Druckfeldern“, „Instationäre Einspritzstrahlen und Verbrennung“, „Instationäre Filmströmungen und Grenzschichten“, sowie „Zünden, Löschen, Instationäre Flammenausbreitung, Thermoakustik“ zusamenfassen. Diese Themenfelder bilden auch die inhaltliche und organisatorische Verzahnung der einzelnen Projekte, die sich über alle drei Projektbereiche erstreckt. Die sich daraus ergebende Grobstruktur nach Themenfeldern für den  Sonderforschungsbereich „Instationäre Verbrennung: Transportphänomene, Chemische Reaktionen, Technische Systeme“ ist in Abbildung 1  dargestellt. Die Struktur des Sonderforschungsbereichs gegliedert nach Projektbereichen ist  in Abschnitt 1.2.1 und auf der Umschlagsseite angegeben.

Aus dieser Grobstruktur entwickeln sich die einzelnen Forschungsvorhaben durch die folgenden Überlegungen. Für Kolbenmotoren z.B. sind Brennverfahren mit Direkteinspritzung zukunftsweisende Entwicklungen. Hierbei erfolgt in der Regel die Ausbreitung der Kraftstoffstrahlen aus einer Ein- oder Mehrlochdüse, die Zündung des Kraftstoffes an unterschiedlichen Stellen im verdampften Kraftstoff, das Auftreffen der  Strahlen auf die Wandungen des Kolbens sowie gegebenenfalls die Umlenkung der Strahlen durch die Wand und schließlich das Ausbrennen unter nicht- adiabatischen Bedingungen und grobballiger Turbulenz. Dies wird visualisiert für einen direkteinspritzenden Dieselmotor  in Abbildung 2.

Ausgehend von diesen Phänomenen werden zu ihrem quantitativen Verstä ndnis konsequenterweise Strahlausbreitungs- und Zündvorgänge an nichtstationären Brennstoffstrahlen untersucht (Teilprojekt A3) und die instationäre Flammenausbreitung unter  nichtadiabaten Bedingungen   und  der  Wirkung kalter Wände (Teilprojekt B2).

Abb. 1: Grobstruktur des beantragten  Sonderforschungsbereichs „Instationäre Verbrennung: Transportphänomene, Chemische Reaktionen, Technische Systeme“ nach Themenfeldern.

Die  Versuchsträger  hierfür  sind  idealisierte Brennräume (Einspritzbrennkammer bzw. Einhubkolbentriebwerk) mit konditionierbaren Randbedingungen. Unter Beachtung des Auftreffens  und  der Umlenkung  des brennenden  Strahls  an der  Kolbenwand  ist die Konfiguration zur Untersuchung des instationären Wärmeübergangs ein pulsierter Prallstrahl . Die Stoffsysteme bei diesen Experimenten in idealisierten Abbildungen eines realen Brennraums sind die gleichen wie für die Untersuchung von instationären Strömungen mit überlagerter Verbrennung, z.B. Effekte von „Nichtgleichgewichtskinetik“ (Teilprojekt A1), elementarkinetische Prozesse und deren Modellierung bei der Zündung von Kohlenwasserstoffen (Teilprojekt A2), Kopplung von instationärer Flammenausbreitung und Schadstoffbildung (Teilprojekte A4, B1). Schließlich ist die Gemischbildung in direkteinspritzenden Otto-Motoren (Teilprojekt C3) ein Vorhaben, in dem die gewonnenen Erkenntnisse direkt in die Verfahrensoptimierung von Verbrennungskraftmaschinen umgesetzt werden. Das gleiche Ziel wird in Teilprojekt C4 verfolgt, in dem die Schadstoffbildung unter instationären, nicht adiabatischen Bedingungen sowohl im Einhubtriebwerk als auch am Realmotor untersucht wird.

Abb. 2: Visualisierung des Verbrennungsverlaufs in einem DE-Dieselmotor (D. Bertsch: Experimentelle Untersuchungen zum Einfluß gemischbildungsseitiger Maßnahmen auf den Zündprozeß, Verbrennung und Schadstoffbildung an einem optisch zugänglichen DE-Dieselmotor, Dissertation, Universität Karlsruhe (TH), 1999).

Beim LPP-Konzept in Gasturbinenbrennkammern erfolgt die Gemischbildung bei Einsatz flüssiger Brennstoffe durch Zerstäubung, Dispersion, Verdampfung und Mischung in einer vollturbulenten Heißgasströmung. Im Fall gasförmiger Brennstoffe geht der Verbrennung die Mischung von Brenngas und Luft voraus. Wesentliche physikalische Einzelphänomene sind der Primärzerfall beim Zerstäuben, die Dispersion der Tropfen, der Sekundärzerfall einzelner Tropfen, die Interaktion zwischen Tropfen und Wänden bzw. Filmen und die Filmströ mung. Die Eigenschaften des Kraftstofffilms kurz vor dem Zerfall sind entscheidend für das Zerstäubungsergebnis, so dass der Einfluss einer instationä ren Hauptströmung auf die Filmausbreitung und -struktur, dessen Erwä rmung und Verdampfung und die Spraybildung von grundlegender Bedeutung ist. Bei instationärer Hauptströmung ist die Spraybildung ebenfalls instationär, vergleiche Abbildung 3. Die pulsierende Spraybildung und - verdampfung sind aktive Glieder im Gesamtsystem Brennkammer-Strömung- Verdampfung-Wärmefreisetzung und können Verbrennungs-instabilitäten erzeugen bzw. verstärken.

Abb.3: Spraybildung an einem Filmleger in einer pulsierten Kanalströmung; die Farbe gibt die Häufigkeitsverteilung der Flü ssigphase wieder (R. Meier: persönliche Mitteilung).

Die Untersuchungen zum quantitativen Verständnis dieser Phänomene werden an einer Anordnung für die Interaktion Sprühstrahl-Wand bei instationärer Hauptströmung durchgeführt (Teilprojekt B4), bzw. an instationären Strahlen, an denen die Wärmeübertragung unter instationären Bedingungen im Vordergrund steht. Grundlegende Prozesse, die an dieser Anordnung zusammenwirken - nämlich die Zündung von Kraftstoffsprays in  Strömungen heißer Gase oder der Tropfenabriss -,   werden unter Anlehnung an diese Versuchsträger einzeln experimentell bzw. numerisch behandelt (Teilprojekt B5 bzw. Verbrennungsinstabilitäten, wie sie z.B. durch eine nichtstationäre Brennstoffverdampfung erzeugt und verstärkt werden können, sind schließlich Gegenstand des Teilprojektes A5.

Moderne Gasturbinenbrennkammern werden mit Luftüberschuss in der Reaktionszone  betrieben. Die Stabilisierung der Flamme erfolgt hierbei oftmals durch Drallströmungen. Neuere Untersuchungen zeigen, dass gerade in Drallströ mungen instationäre Ringwirbel und die dadurch bedingten Turbulenzstrukturen die Mechanismen sind, die zur Anregung von Verbrennungsoszillationen führen. Solche Ringwirbelstrukturen treten auch bei bestimmten Parameterkonstellationen  in reagierenden Freistrahlen auf, vergleiche Abbildung 4.

Abb. 4: Ringwirbelstrukturen  in verdrallten  Freistrahlflammen, visualisiert durch die OH-Konzentration (links) aus planaren LIF-Messungen und die Temperatur (rechts) aus planarer Rayleighstreuung (Ch. Külsheimer, H. Büchner: persönliche Mitteilung).

Zum quantitativen Verständnis von Verbrennungsinstabilitäten und den sie tragenden Mechanismen in Drallflammen werden in Teilprojekt C1 experimentelle Untersuchungen und in Teilprojekt A6 parallele Large-Eddy Simulationen (LES) an isothermen Drallströmungen sowie pilotierten und nicht-pilotierten Drallflammen ähnlicher Konfiguration durchgeführt.  Die Arbeiten in Teilprojekt A6 sollen dazu dienen, diese Vorgänge berechenbar zu machen.  Die  Konfiguration aus Teilprojekt C1 wird ebenso mit instationären Reynolds-gemittelten Navier-Stokes Gleichungen (URANS) numerisch behandelt. Einen Schritt weiter in Richtung auf das komplexe Gesamtsystem Brennkammer-Strömung-Wärmefreisetzung gehen experimentelle und numerische Untersuchungen  von Flammenstabilität und Brennkammerschwingungen (Teilprojekte A7 ). Der Einfluss auf ein instationä res Verbrennungsmodell unter Heranziehung einer einfachen Strömung wird experimentell und numerisch im Teilvorhaben A5 im Hinblick auf die chemischen Mechanismen der Verbrennungsinstabilitäten analysiert. Den speziellen Aspekt der Zündung und Flammenausbreitung bzw. des Flammenrückschlags in turbulenten instationären Strömungen in vorgemischten Systemen  - stets vor dem Hintergrund fortschrittlicher technischer Verbrennungskonzepte- verfolgen die Teilprojekte A9 .